11. Oktober, 2005

ghettoblaster [gɘtɔbla|stɘ; der; englisch]

Category: [gegenstände des alltags] — Admin @ 10:46 am

Der Ghettoblaster. Ein Stück Hi-Fi-(oder wohl eher Lo-Fi) Geschichte. Ich dachte ja die gibts gar nicht mehr. Aber weit gefehlt. Gestern dröhnte mir auf dem Bahnsteig in Zug genau so ein Ding entgegen…

Ich erinnere micht gut. Der Ghettoblaster war während unserer Schulzeit ein Accessoire das nie fehlen durfte. Klassenlager, Schulreisen, rumhängen am See, immer war der Blaster mit dabei. Immer waren auch sofort Erwachsene zugegen, die sich dagegen gewehrt haben, dass wir uns mitgeteilt haben und eigentlich ja nur die Aufmerksamkeit der Erwachsenen provozieren wollten. 

So sieht er aus...Was ist das und woher kommt er? Ursprünglich kommt der Begriff ‚Ghettoblaster‘ natürlich aus den USA und er bezeichnet eine tragbare Stereoanlage, mit der es möglich ist, Radio zu hören und aufgenommene Musik abzuspielen. Und dies in einer hohen Lautstärke. Wie der Name schon sagt, wurde damit mehrheitlich ein Gerät bezeichnet, welches in ärmeren Stadtvierteln von amerikanischen Grossstädten eingesetzt wurde. Zu Beginn waren sie vor allem unter Afro-Amerikanern populär. Wie diese Teile ausgeschaut haben, ist auf dem Photo links ersichtlich. Man war meilenweit vom IPod weg, es ging aber auch darum Grösse und Macht zu demonstrieren. Entgegen dem heutigen Trend war bigger auch better.

Wieso komm ich überhaupt drauf? ‚Blast‘ bedeutet Detonation. Dieser Blaster hat also eindeutig die Funktion, Leute rundherum mit Musik wegzublasen. Damit war der Blaster auch immer ein Statement der Jugend, die gehört werden wollte. Sie wollte zu Ende der 70er vor allem durch ihre neue Musik gehört werden. Und hier schliesst sich der Kreis zu heute. Die Jugendlichen, die gestern ihren Blaster voll dröhnen liessen, taten das mit IHRER Musik. Zugegeben, es ist nicht mehr meine Musik und sie gefällt mir auch nicht. Aber die Jugendlichen haben immer noch etwas, was sie rausblasten können, womit sie sich von den Erwachsenen unterscheiden.

Ist es nicht schön, dass die Jugend von heute immer noch gehört werden will? 

6 Comments »

  1. Ja, finde ich auch schön. Bloss, ich denke die Jugend ist trotzdem um einiges stiller geworden. Ich denke dies liegt nicht unbedingt an der heutigen Jugend (mein Gott, tönt das schlimm, wenn ich das so schreibe), sondern mehr an der heutigen Gesellschaft. Die Jugend hat heute mehr die Einstellung, dass einfach sämtliche Bedürfnisse gedeckt werden und bei denen die nicht gedeckt werden, bringt auch das „laut werden“ nichts.
    In meiner Jugendzeit (Ende 70er, Anfang 80er) hat man irgendwie noch um seine Erreichung von Zielen gekäpft (Jugendunruhen)und das „Laut werden“ war nicht nur Provokation und Abgrenzung, sondern diente vielfach auch der Erreichung von Zielen, die einem wichtig waren.
    Und um sich von den Erwachsenen abzugrenzen verfügt die Jugend heute auch um andere Mittel. Der Ghettoblaster von Gestern ist heute das Handy oder der tiefergelegte Subaru Impreza. Schon mal im Zug gesessen, wenn zwei Teens ihre Klingeltöne demonstrieren? Trift das Zentrale Nervensystem an seiner empfindlichsten Stelle.

    Comment von ymo — 11. Oktober, 2005 @ 3:03 pm

  2. Schon mal im Zug gesessen, wenn zwei Teens ihre Klingeltöne demonstrieren? Trift das Zentrale Nervensystem an seiner empfindlichsten Stelle.

    hehehe. köstlich. du hast recht. aber, mir hat der ghettoblaster halt so gefallen, um der guten alten zeiten willen.
    klar, wie auch in der nzz am sonntag zu lesen war, die abgrenzung findet je länger je mehr über die sprache statt. ‚was luegsch, bin ich kino oder was?‘ da könnte man als erwachsener schon die wände hoch 😉
    und du hast noch in einem anderen punkt recht. nach der 68er generation kamen die kids der 80er, mit eltern die vor allem dem hedonismus und dem konsum frönten (etwas übertrieben gesagt). für geld konnte man alles kaufen, kämpfen war nicht mehr angesagt. aber wie immer kommt auch hier ein backlash, da bin ich überzeugt.

    Comment von PAX — 11. Oktober, 2005 @ 3:06 pm

  3. Wir haben auch immer einen an den See mitgenommen. Bei uns hiess der dann ganz simpel „Ghetto“… Lustig wars…

    -> ach ja noch was zur Hierarchie unter Teenies. Es gibt IMMER einen sogenannten GHETTO-TRÄGER, sprich einer in der Gruppe, der IMMER den „Sound“ rumträgt. Ist aber ein Job der ganz tief unten in der Teen-Hierarchie angesiedelt ist… Er darf ihn nur tragen, sonst hat er nix zu sagen… Wann was gehört wird entscheiden andere…

    Comment von Jé — 12. Oktober, 2005 @ 1:01 pm

  4. tja, das war zu unserer zeit etwas anders. da war könig, wer überhaupt einen ghettoblaster besass. und ich hab für meinen auch 2 wochen schulhäuser geputzt. der kostete damals etwa gleich viel wie heute ein ipod. war aber auch ein mörderteil, geiles design, doppelkassettendeck und von sony! der läuft übrigens heute noch. und ich glaube kaum, dass man von einem ipod in 16 jahren dasselbe behaupten kann…

    Comment von PAX — 13. Oktober, 2005 @ 8:20 am

  5. Selber schuld wer sich einen I-Pod kauft… 8)

    Comment von Jé — 13. Oktober, 2005 @ 12:35 pm

  6. richtig, ich hab einen iAudio 🙂

    Comment von PAX — 13. Oktober, 2005 @ 1:02 pm

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