8. September, 2006

natascha kampusch

Category: [daily business] — Admin @ 1:00 pm
Nun hat also auch dieses Jahrhundert einen Kaspar Hauser. Wenn auch die Auswirkungen nicht ganz dieselben sind.

Ich möchte mich nicht zum Interview äussern, das wurde an anderer Stelle bereits mehr als genug getan. Was mir sauer aufstösst sind die Fachpersonen im Hintergrund, die es nicht dabei belassen (so siehts zumindest für mich aus) Fachpersonen zu sein. Mir erscheinen sie bereits eher wie Gurus. Wenn man die psychologischen Termini hört mit denen der Peiniger attribuiert wird, wenn man die psychologische Deutung seines Zustandes und seiner Persönlichkeit hört, dann spricht da sicher keine 18 jährige Frau, auch wenn sie noch so gut versucht hat, die verpasste Schule mittels Radio und Zeitung zu kompensieren.

‚Herr Doktor Soundso‘ ist in vielen geäusserten Sätzen vorhanden. In zuvielen meiner Meinung nach. Für mich fehlt es hier an kritischer Distanz, nicht nur von Natascha K. (für sie ist das sicherlich schwierig) sondern auch von Seiten der Fachleute. Sie hat ja zugegeben, dass in ihrem an die Medien gerichteten Brief Formulierungen drin standen, die ein Psychiater gewählt hatte. Und was das soll, das verstehe ich absolut nicht. Es ist nicht Aufgabe einer Fachperson diese junge Frau zu formen oder ihr Wörter in den Mund zu legen. Die wirklich wichtige Aufgabe wäre, sie vor dem zu schützen was nun passiert ist. Nämlich dass sie bereits jetzt in die Öffentlichkeit gezerrt und vorgeführt wird.

Natürlich, sie hat sich gut verkauft und alle erstaunt. Aber damit ist die Sache ja nicht vom Tisch. Eine Missbrauchsgeschichte ist zu Ende, die nächste beginnt bereits. Ähnlich wie bei Kaspar Hauser sind auch hier Fachleute verblüfft über den Zustand der jungen Frau. Und man braucht nicht Hellseher zu sein um zu merken, dass die Betreuung dieser Frau auch gutes Renommee für einen als Psychiater oder Psychologen bringt. Ob das allerdings zum Wohl für Natascha K. ist, das bezweifle ich stark.

Seien wir ehrlich. Die ganze Geschichte ist nicht viel anders als die von siamesischen Zwillingen, Kleinwüchsigen und anderen Menschen, die vor 100 Jahren im Zirkus zur Schau gestellt wurden. Alle sind erstaunt, wie gut es ihr geht und wie gut sie das alles auf die Reihe kriegt. Doch das Schwierigste hat diese bedauernswerte Frau ja noch vor sich. In ihrer subjektiven Realität stimmt bis jetzt noch ziemlich vieles. Der Tag an dem sie merkt, dass ihre Realität nicht mit der objektiven übereinstimmt, dass der Peiniger ihr Unrecht getan hat, so hehr seine Motive auch gewesen sein sollten, dieser Tag wird wahrscheinlich der schwierigste in ihrem Leben. Hoffen wir für sie, dass die Fachleute dann nicht weitergezogen sind und sich einem neuen spannenden Fall zu widmen, sondern immer noch mit gleichem Enthusiasmus zur Sache gehen wie jetzt…

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