18. Dezember, 2006

zur abwechslung…

Category: [kultur],[sprachlese] — Admin @ 11:21 am

…mal etwas Pösie 😉

Und zwar das Gedicht aus meiner mündlichen Matur, das mich immer wieder von neuem fasziniert. Aus dem Heinrich von Ofterdingen von Novalis.

Astralis

Es bricht die neue Welt herein

Und verdunkelt den hellsten Sonnenschein

Man sieht nun aus bemoosten Trümmern

Eine wunderseltsame Zukunft schimmern

Und was vordem alltäglich war

Scheint jetzo fremd und wunderbar.

Eins in allem und alles im Einen

Gottes Bild auf Kräutern und Steinen

Gottes Geist in Menschen und Thieren,

Dies muß man sich zu Gemüthe führen.

Keine Ordnung mehr nach Raum und Zeit

Hier Zukunft in der Vergangenheit

Der Liebe Reich ist aufgethan

Die Fabel fängt zu spinnen an.

Das Urspiel jeder Natur beginnt

Auf kräftige Worte jedes sinnt

Und so das große Weltgemüth

Überall sich regt und unendlich blüht.

Alles muß in einander greifen

Eins durch das Andre gedeihn und reifen;

Jedes in Allen dar sich stellt

Indem es sich mit ihnen vermischet

Und gierig in ihre Tiefen fällt

Sein eigenthümliches Wesen erfrischet

Und tausend neue Gedanken erhält.

Die Welt wird Traum, der Traum wird Welt

Und was man geglaubt, es sey geschehn

Kann man von weiten erst kommen sehn.

Frey soll die Fantasie erst schalten,

Nach ihrem Gefallen die Fäden verweben

Hier manches verschleyern, dort manches entfalten,

Und endlich in magischen Dunst verschweben.     

Wehmuth und Wollust, Tod und Leben

Sind hier in innigster Sympathie –

Wer sich der höchsten Lieb‘ ergeben,

Genest von ihren Wunden nie.

Schmerzhaft muß jenes Band zerreißen,

Was sich ums innre Auge zieht,

Einmal das treuste Herz verwaisen,

Eh es der trüben Welt entflieht.

Der Leib wird aufgelöst in Thränen,

Zum weiten Grabe wird die Welt,

In das, verzehrt von bangen Sehnen,

Das Herz, als Asche, niederfällt.  

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