25. August, 2005

abnehmen

Category: [tv],[kultur] — stephankaelin @ 12:36 p.m.

Abnehmen, im Sinn von Gewicht verlieren. Eine etwas unglückliche Formulierung, denn abgenommen wird einem gar nichts. Im Gegenteil.

Es ist harte Arbeit etwas vom Gewicht abzugeben. Vielleicht sollte es deshalb eher abgeben heissen… Item, Wie man innert einer Nacht ein paar Kilos verlieren kann (und wir sprechen nicht von 2 oder 3) zeigt Matthew Perry in der Serie ‚Friends‘. Eine kurze Einführung in die Situation für alle, die sich nicht so sehr mit dieser Serie beschäftigen.

Chandler lebt mit Monica zusammen. Am Ende der vierten Staffel kommen sie sich auf der Hochzeit von Monicas Bruder Ross näher. Am Ende der fünften Staffel macht ihr Chandler nach vielen Wirrungen dann endlich einen Heiratsantrag. Klappe. Ende der fünften Staffel. Der Tag nach dem Heiratsantrag ist bereits die erste Folge der sechsten Staffel, es liegt also technisch gesehen genau eine Nacht dazwischen.Diese Nacht muss es aber in sich gehabt haben. Denn Chandler hat massiv an Gewicht verloren. Er ist quasi vom späten Elvis zum jungen Aaron mutiert. Könnte allerdings auch sein, dass er genau wie der King tablettensüchtig war, und in einer Nacht einen Entzug gemacht hat. 

Doch seht selbst, links jeweils der Abend, rechts der Tag danach. 

 

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 Als kleiner Nachtrag mein die IMDB:

 

Entered a rehabilitation clinic for treatment of an undisclosed condition. [27 February 2001]

"Friends" (1994) castmate Jennifer Aniston offers to be his personal trainer after he received threats from bosses Warner Brothers about his increasing weight problems [2002]

 

24. August, 2005

jamie cullum – the wind cries mary

Category: --> anhören!,[kultur],[musik] — stephankaelin @ 10:23 p.m.

Wieder einmal ein Lied, das es Wert ist, hier genannt zu werden. Obwohl ich kein (und zwar überhaupt kein!)  Freund von Coverversionen bin (Vielleicht mal abgesehen von ‚with a little help from my friends‘ von Joe Cocker… Ok, das ist keine abschliessende Liste, aber darüber schreib ich auch mal noch einen Eintrag…), verdient Jamie Cullum hier einen Eintrag.

 

Warum? Erstens weil er mit unheimlich viel Talent gesegnet ist. Zweitens, weil er etwas daraus macht. Drittens, weil er diesem Song von Jimi Hendrix eine neue Dimension einhaucht. Erschienen ist dieses Lied auf dem Album ‚Twentysomething‘. Das Original datiert aus dem Jahr 1967 und ist auf der Platte ‚are you experienced‘ erschienen. Inspiriert worden sein soll es durch die Trennung und Wiedervereinigung Hendrix‘ mit seiner Freundin. Wer weiss, ist vom Text her noch schwierig zu beantworten.

Was macht diese Version von Jamie Cullum nun so besonders? Es kommt in einem ganz leichten Beat daher. Am Anfang spartanisch instrumentiert mit etwas Drums und dem Piano, gesellen sich nach und nach diverse andere Instrumente hinzu. Sehr bald kommt auf dem rechten Kanal (unbedingt mit Kopfhörer hören) das Wurlitzer E-Piano dazu (neben der B3 und dem Fender Rhodes ein weiteres Lieblingsinstrument von mir). Auch die B3 lässt nicht lange auf sich warten. Sie säuselt leise auf dem linken Kanal. In der dritten Strophe kommen die Bläser hinzu. Sie akzentuieren wunderschön, wie das früher im Soul üblich war. Im Instrumentalteil kommen dann alle Instrumente zum Zug.

Alles in allem eigentlich eine unspektakuläre Interpretation, aber durch die differente Instrumentierung (vor allem dem Weglassen des Gitarre) und der leicht anderen Betonung des Beats entsteht eine neue Dimension, die meiner Meinung nach mehr Emotionen transportiert. Wie immer schwierig zu erklären, wieso einem ein Lied so gut gefällt, ohne allzu technisch zu werden.

Hört es euch an: Jamie Cullum – ‚the wind cries Mary‘ 

 

 

"Wind Cries Mary"

After all the jacks are in their boxes,
And the clowns have all gone to bed,
You can hear happiness staggering on down the street,
Footprints dress in red.

And the wind whispers Mary.

A broom is drearily sweeping
Up the broken pieces of yesterday’s life.
Somewhere a Queen is weeping,
Somewhere a King has no wife.

And the wind cries Mary.

The traffic lights turn blue tomorrow
Shine their emptiness down on my bed
The tiny island sags downstream
‚Cos the life that they lived is dead.

And the wind screams Mary.

Oh oh yeah

Will the wind ever remember
The names it has blown in the past
With this crutch, its old age and its wisdom
It whispers, "No, this will be the last."

And the wind cries Mary.

23. August, 2005

hochwasser in zürich

Category: [daily business],[gallerie] — stephankaelin @ 8:28 p.m.
Hochwasser in Zürich? Eher selten und lahm oder? Nicht wirklich…
 
Vergleicht die unten abgebildeten Photos und überzeugt euch davon, wie hoch das Wasser in Zürich kommen kann… (Die Photos anklicken zum Vergrössern)
 
 
 
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Da steht normalerweise eine 2m hohe Mauer dazwischen: 
 
 

the art of the archive…

Category: [kultur] — stephankaelin @ 7:58 p.m.
Für Kultur wird leider zu selten Werbung gemacht. Ich tu das heute für eine Sache, die mich fasziniert und die man selten in dieser Art zu Gesicht bekommt.
Im Kunsthaus Zürich ist momentan eine Ausstellung mit Bildern aus den Archiven der Polizei von Los Angeles zu sehen.  Los Angeles hat ja eine bewegte Vergangenheit. Man denke nur an Alcatraz, das ja gleich in San Francisco liegt und so ziemlich jeden Schwerverbrecher der Prohibitionsära beherbergte.
Spektakulär an den gezeigten Photos ist, dass sie nicht gestellt sind, sondern von Polizeiphotographen quasi im Einsatz geschossen wurden. Trotzdem  sind viele so ästhetisch geworden, wie wenn man sie arrangiert und sauber ausgeleuchtet hätte. Auf der Homepage der Ausstellung kann man sich ein paar Aufnahmen anschauen.
 
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22. August, 2005

adieu simone meier…

Category: [daily business] — stephankaelin @ 5:04 p.m.
Gestern hat die NZZ am Sonntag verlauten lassen, dass die Kolumne von Simone Meier im Tages Anzeiger per Januar 2006 eingestellt wird. Ich bin ehrlich erleichtert.
Warum? Weil ich die ganze Zeit, in der es diese Kolumne nun gibt, nie das Gefühl hatte, dass es irgend jemanden ausser Simone Meier wirklich interessiert was sie schreibt. Ok, laut ihren eigenen Angaben erhielt sie ja jeweils massenhaft Emails, ich wage das zu bezweifeln. Was mich an der Kolumne gestört hat? Vielleicht, dass sie an Banalität nicht zu unterbieten war. Ich gebs gerne zu, ich habe nicht alle Kolumnen gelesen, sondern ihr hin und wieder erneut eine Chance gegeben. Jede andere Autorin hätte diese Chance zu packen versucht. Nicht so Simone Meier. 
Am Anfang hab ich gedacht, es wäre an der Zeit, dass wieder mal eine gescheite Kolumne erscheint. Nachdem Bänz Friedlis (auch nicht gerade mein Freund der Szene-Papa, aber immerhin gute sprachliche Fähigkeiten und einen scharfen Blick für das Wesentliche gepaart mit pointiertem Schreibstil) Kolumne eingestellt wurde, hoffte ich auf die junge Simone Meier. Doch leider vergeblich.
Schade eigentlich, denn dass sie gut schreiben kann, das hat sie am Wochenende mit ihrem Artikel im Magazin sehr schön bewiesen. Dass eine tägliche Kolumne halt nicht dasselbe ist wie ab und zu ein guter Artikel, hat sie jetzt schmerzhaft erfahren müssen. Und ich bin mit meiner Meinung immer weit und breit alleine da gestanden. Aber jetzt gibt mir sogar der Chef von Frau Meier Recht! Tut mir leid für Frau Meier, aber ich fand diese Kolumne wirklich nie interessant.
Bezeichnenderweise hat sich das bereits bei der allerersten Kolumne gezeigt. Ich weiss nicht mehr um was es ging, aber ich fands öde und langweilig. Und dann dauernd dieses Bianca-Gesülze. Schlimm genug, dass man, wenn man den TV anmacht überall diesen Quatsch sieht, aber Frau Meier musste das noch in der Kolumne breit schlagen. NEIN DANKE!
Darum, Meier bleib bei deinen Leisten, den Artikel im Magazin hab ich sehr genossen. 
 
Weitere Infos: Simone Meier (keine Angst, sowohl Firefox  wie auch IE stellen die Seite richtig dar!)

menschen mit …

Category: [daily business],[sprachlese] — stephankaelin @ 11:44 a.m.
Habe heute ein Inserat gelesen, in dem stand: "(…) die Zeitschrift für Menschen mit Lebenserfahrung". Welch gelungene Formulierung für das Wort alt. Früher hiessen solche Menschen ‚alte Menschen‘ oder ’senile Menschen‘ oder einfach nur ‚Alte‘ oder ‚Greise‘. Heute heissen sie ‚Menschen mit Lebenserfahrung.
Es setzt sich also der Trend fort, neue und wertneutrale Namen zu vergeben. Analog der Berufswelt (Putzfrau –> Raumpflegerin) wird jetzt auch im Alltag auf die möglichst positive Umschreibung eines bis dato mehrheitlich negativ wahrgenommenen Kontextes Wert gelegt. Wo führt das hin? Welche weiteren Beispiele können wir finden?
In Zukunft wird es nicht mehr ‚Obdachlose‘ heissen, sondern ‚Menschen ohne festen Wohnsitz‘ oder ‚Menschen mit Outdoorerfahrung‘. Aus ‚Arbeitslosen‘ werden ‚Menschen mit viel Freizeit‘ oder ‚Menschen mit genügend Schlaf‘. Aus ‚Kleinwüchsigen‘ werden ‚Menschen mit Wachstumspotenzial‘, aus ‚Dummen‘ werden ‚Menschen mit geistigem Entwicklungspotenzial‘. ‚Ausländer‘ werden zu ‚Menschen mit Reiseerfahrung‘.
Doch wird unsere Welt dadurch besser? Wohl kaum, denn so lange Vorurteile in den Köpfen existieren, kann man sie auch mit schöngefärbten Formulierungen nicht zum Verschwinden bringen. So lange die ‚Putzfrau‘ vor dem geistigen Auge immer noch eine Ausländerin (tschuldigung, eine Frau mit Reiseerfahrung) ist, und immer noch gleich wenig verdient wie vor 10 Jahren, so lange nützt ihr auch der Begriff ‚Raumpflegerin‘ nichts. Ihre Welt wird dadurch weder gerechter noch besser.
Schöne Formulierungen sind etwas tolles. Formulierungen müssen wertneutral sein, da bin ich einverstanden. Aber eine Verschleierung oder eine Schönfärbung ist nicht ehrlich und bringt im Endeffekt auch nichts. Manchmal sind Formulierungen hart und tun weh. Aber es ist niemandem geholfen, wenn man vor diesem Problem einfach die Augen verschliesst und das Gefühl hat, durch eine schöne Formulierung sei die Welt gerecht geworden…
21. August, 2005

kontakt

Category: Uncategorized — stephankaelin @ 5:40 p.m.

20. August, 2005

too cool for IE

Category: [blog-intern],[computer] — stephankaelin @ 3:28 p.m.
zu coolMein Blog ist ab sofort ‚zu cool für IE‘. Das merken vor allem die User, die mit Firefox oder Mozilla surfen. Den IE-Usern entgeht wie immer das Beste. Selber schuld. Es gibt aber wirklich keinen Grund (ausser Faulheit) weiterhin auf den IE zu setzen. Schon mal die Tabs bei Firefox gesehen? Wer will da noch zurück zu 100 offenen Fenstern, die immer in der Taskleiste angezeigt werden? Eben. Schon mal von Sicherheitsupdate bei Firefox gehört? Nicht? Hmmm, wahrscheinlich weil er einfach von Haus aus sicherer ist… Die Lesezeichen lassen sich mit einem Klick importieren. RSS-Feeds kann man mit einem Klick abonnieren. Was will man mehr? Probiert es aus, niemand will den IE benutzen und das ist gut so!
==> eine einwandfreie Darstellung meines Blogs ist nur im Firefox gewährleistet 😉 
18. August, 2005

unsere post…

Category: [daily business] — stephankaelin @ 8:04 p.m.
…die ehemalige PTT ist Scheisse. Entschuldigt meine Wortwahl, aber so ist es. Nicht genug damit, dass dauernd die Gebühren erhöht werden, ohne dass ich als Kunde auch nur irgend etwas davon merke. Nein, jetzt fangen diese Dilettanten auch noch an die Kunden zu schikanieren…
Ich frage mich generell seit längerer Zeit, was denn so viel teurer wird im Briefspeditionsgeschäft… Ich würde es ja begrüssen, wenn, sagen wir mal, der GAV der Postangestellten verbessert würde, oder sie mehr Pensionskassengelder bekommen würden. Ich habe aber langsam das Gefühl, mit den erhöhten Gebühren finanzieren wir vor allem die unzähligen Werbesendungen, die (per Post, hahaha, wie ironisch) ins Haus flattern. Klar, die können das ja gratis versenden, wenden nun einige von euch zurecht ein. Wäre aber meiner Meinung nach nicht sehr seriös gewirtschaftet.
Egal, klar bezahle ich gerne eine Strafgebühr, weil auf meinem Konto nicht mindestens 7000.– drauf sind. Die sind eben bei der Bank und tragen viel mehr Zinsen dort (ähm ja genau). Nein, ich bezahle das gerne, weil ichs mir  leisten kann. Vergessen geht darob aber die Tatsache, dass das einfach nicht sozial ist. Klar, es sind glaub ich 2 Franken pro Monat die man bezahlen muss. Aber wieso nicht einfach 2 Franken für alle? Nur für die, welche eh schon kein Geld haben? Es soll ja Leute in der Schweiz geben, die tatsächlich nicht 7000.– im Monat verdienen und dann das Meiste des Verdienten auch noch für die alltäglichen Ausgaben brauchen….
Egal, das hab ich nicht berichten wollen, ist mir nur gerade noch in den Sinn gekommen. Letzte Woche sind wir mit 90 Karten zur Post gegangen und wollten die Pauschal frankieren lassen. Die Angestellte (Dank Quittung wissen wir auch wie sie hiess) Patrizia A. bekam fast einen Schreikrampf, weil wir es gewagt haben, unten innerhalb der Hochsicherheitszone des Kartenrandes etwas hineinzuschreiben. Ein cm vom unteren Rand her müsse frei gelassen und dürfe nicht beschriftet werden, weil die Maschine dann den Strichcode nicht lesen könne. Darüber gäbe es übrigens ein Merkblatt, meinte die Dame der POST. Aha, so ist das. Weil die Roboter, welche ja Menschen ersetzen, weil sie weniger kosten, etwas nicht können, muss sich der Kunde nun anpassen und darf dafür noch mehr bezahlen. Wer diese Gleichung auflösen kann soll sich bitte bei mir melden.
Damit nicht genug. Es folgte eine Viertelstunde lang ein Werweisen, ob das nun ginge oder nicht. Ich wäre schon lange bereit gewesen, einfach Marken zu kaufen und selber zu frankieren. Aber nein, nach 15 Minuten wurde uns beschieden, wir dürften es so versenden, sie würde es so annehmen. Oh danke, wie generös. Ist das nicht einfach eure Aufgabe ihr DEPPEN?!? Bezahlen wir dafür, dass wir am Schluss froh sein können, überhaupt noch etwas mit der POST verschicken zu dürfen? Bereits da hat es mir gereicht. Würde der Markt da geöffnet, ich würde ab sofort die Konkurrenz berücksichtigen.
Habt ihr gedacht jetzt sei die Geschichte aus? Weit gefehlt. Heute treffen bei uns zu Hause zwei Abmahnungen ein, weil zwei dieser Karten nicht frankiert waren. Wir sollen dafür jetzt also noch 1.35 pro Karte Strafe zahlen. Und jetzt versteh ich gar nichts mehr. Wir bezahlen die POST, damit sie ihre Arbeit macht, aber das Risiko tragen wir auch noch? Wir bezahlen gerne ein zweites Mal, weil die POST  einen Fehler gemacht hat?
NEIN! Return to sender, und zwar begleitet von einem gehässigen Brief. Klar sind nur 2.70 aber hier geht es ums Prinzip. Aberschosicher! 

kann ein jude nazi sein?

Category: [politik] — stephankaelin @ 7:43 p.m.

Manchmal ist für mich die Welt schwer zu verstehen. Was gerade im Gazastreifen vor sich geht löst bei mir ungläubiges Kopfschütteln aus…

Nicht die Tatsache, dass der Streifen geräumt wird finde ich unglaublich (es wurde eher Zeit, meiner Meinung nach), sondern die Tatsache, wie sich die Siedler dagegen wehren. Ich will gar keine Worte darüber verlieren, dass diese Räumungsaktion scheinheilig ist, wenn man bedenkt, dass die Zahl der Siedlungen im Westjordanland erheblich höher ist als im Gazastreifen. Vor ein paar Wochen lief auf ARTE ein Dokumentarfilm über die israelischen Kontrollposten an der Grenze der besetzten Gebiete. Leider kann ich mich nicht mehr daran erinnern wie er hiess. Mir kamen während dieses Films viele Assoziationen in den Sinn. Es war ganz klar eine Herrenrasse zu sehen, die sich über die niederen Palästinenser auslässt. Z.T. offenkundig rassistische Äusserungen israelischer Soldaten liessen mich verstört zurück. Ich würde mich hüten in diesem Zusammenhang das Wort Nazi in den Mund zu nehmen, aber die Methoden und Äusserungen sind für jedes x-beliebige Regime austauschbar. Hätten die Soldaten die Kippa nicht aufgehabt, hätten diese Vorkommnisse auch in Südamerika, Afrika oder in Europa zur Zeit des zweiten Weltkrieges geschehen können.

Nun, über das wollte ich gar nicht berichten. Verstört haben mich in dieser Berichterstattung über die Räumung des Gazastreifens die militanten Siedler. Sie beschimpfen die Soldaten aufs Übelste, machen sie emotional fertig. Nota bene die selben Soldaten, die sie nun jahrzehntelang vor den Palästinensern beschützt haben. Dessen nicht genug, sie nennen die Soldaten Nazis. Das zeugt von einem sehr unverkrampften Geschichtsverständnis. Würde ein nicht-israelischer Mensch eine solche Äusserung wagen, wäre er sofort ein Antisemit. Aber semitische Antisemiten gibts wohl nicht. Ich verstehe nicht was diese Leute machen. Und für mich zeigt das einen sehr egoistischen Standpunkt. Da wird der Holocaust herangezogen um zu vertuschen, dass diese Siedlungen sowieso nie rechtens waren. Diese Soldaten als Nazis zu beschimpfen ist ein Hohn und eine Respektlosigkeit gegenüber dem Holocaust.

Da lob ich mir den folgenden ex-Soldaten, der mir zeigt, dass es in Israel auch besonnene Menschen gibt, die nicht per se annehmen, die Israelis seien etwas Besseres als die Palästinenser:

Tages-Anzeiger vom 17.08.2005


«Das sind keine Patrioten»
Mit der Auflösung der jüdischen Siedlungen im Gazastreifen hat sich eine neue Gruppe von Befehlsverweigerern gebildet. Doch die bisherigen Dienstverweigerer distanzieren sich.

Mit Arik Diamant* sprach Thorsten Schmitz

Warum haben Sie den Armeedienst verweigert?

Als Soldat muss man aus Gewissensgründen den Einsatz in den Palästinensergebieten verweigern, weil man dort jüdische Siedler schützt. Mein Einsatz in den besetzten Gebieten hatte nichts mit der Sicherheit des Staates Israel zu tun, sondern nur der Kolonialisierung der Palästinensergebiete gedient. Zu verweigern, ist ein Ausdruck von Patriotismus, denn in Wahrheit gefährdet die Besatzung Israels Sicherheit.

Sind die Soldaten, die jetzt den Einsatz verweigern, auch Patrioten?

Überhaupt nicht. Das kann man mit unserer Grundhaltung nicht vergleichen. Bei uns hat jeder Zwiesprache mit seinem Gewissen geführt und sich individuell und aus humanitären Gründen gegen einen Dienst in den besetzten Gebieten entschieden. Bei den Rückzugsverweigerern handelt es sich um Soldaten, die blind ihrem Rabbiner folgen, wenn der sagt, der Rückzug sei schlecht. Die sehen in den Siedlern keine undemokratische Bevölkerungsgruppe, die von ihren klimatisierten Wohnzimmern auf Millionen palästinensischer Flüchtlinge blickt.

Was bezweckt Israels Regierungschef Ariel Sharon mit dem Gaza-Rückzug?

Es ist ein genialer Schachzug Sharons, mit dem er sich einen roten Teppich verschafft. Sogar Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac schüttelt Sharon nun die Hand. Am Ende kriegt er noch den Friedensnobelpreis für die Evakuierung der paar Tausend jüdischen Siedler in Gaza.

Wie erklären Sie sich die Begeisterung?

Sharon sagt der Welt, seht her, ich gebe jüdische Siedlungen auf. Dass er gleichzeitig die Siedlungen im Westjordanland ausbaut, wird von der Welt bei ihrer Freude über den Gaza-Abzug übersehen.

Wird mit dem Rückzug der Friedensprozess reaktiviert?

Ich bin mir noch nicht mal sicher, dass der Rückzug aus dem Gazastreifen komplett umgesetzt wird. Es muss nur einer sterben, dann würde der Rückzug erst einmal ausgesetzt. Ich bin überzeugt, dass es nach dem Gaza-Rückzug zu einer dritten Intifada kommen wird. Dann ist das Westjordanland dran. Dort leben nicht 8000 Siedler wie im Gazastreifen, sondern 250 000, und es werden emsig weiter Häuser und Wohnungen gebaut.

* Der Ex-Fallschirmjäger Arik Diamant ist Geschäftsführer des Vereins «Mut zur Verweigerung». Die Vereinigung wurde vor drei Jahren von 50 zum Teil hochrangigen Soldaten gegründet, die den Einsatz im Westjordanland und im Gazastreifen in einem weltweit beachteten öffentlichen Brief als «unmenschlich» kritisiert hatten.