Am Ufer der Sihl tut sich politisches. Seit gestern entsteht da eine improvisierte Stadt: Shanty Town. Die Initianten wehren sich gegen die aktuelle Stadtentwicklung und gegen das herausgeputzte Global Zurich (auch Downtown Switzerland genannt)…
Sie setzen damit den Protest gegen das fort, was in den vergangenen Monaten immer wieder Thema war, die Kommerzialisierung des öffentlichen Raums. Zum Beispiel die Bärenaktion. Für nicht-Zürcher: In der Innenstadt werden seit ca. 2 Monaten diverse Bären ausgestellt (also kunstvoll bemalte Kunstbären natürlich). Initiiert von der City-Vereinigung, der die Geschäfte der Innenstadt angehören. Eine alle 5 Jahre wiederkehrende Idee, für die Touristen irgendwas an die Bahnhofstrasse zu stellen, damit die was zu fotografieren haben. Gegen diese kommerziellen und verdummenden Aktionen wehrten sich verschieden Gruppierungen. Des Weiteren wird die Verdrängung der alternativen Kultur angeprangert und mehr Wohnraum gefordert.
Dies zumindest ein Anliegen, welches ich gut nachvollziehen kann. Ich wohne mitten in der Stadt und unser Haus ist umgeben von Bürohäusern. Aber der Bürohäuser nicht genug, neben uns wurde in den letzten 1.5 Jahren ein neues gebaut. Das ist mittlerweile fertig gestellt. Es beinhaltet ein paar Wohnungen (im Hochpreissegment, was ziemlich doof ist, weil die Aussicht gerade mal bis ans benachbarte Bürogebäude reicht), vielen Büros und einen Laden. Bis auf die Wohnungen ist in diesem Haus immer noch nichts vermietet, weil An Büroräumlichkeiten in der Stadt Überfluss herrscht. Was fehlt sind Wohnungen. Aber die werden im Hochpreissegment gebaut, damit Familien garantiert keine Chance haben, sich in der Stadt niederzulassen.
Über kurz oder lang führt das zu einem Aussterben der City. Wohnraum wird vermehrt an den Rand gedrängt (mal abgesehen von den paar Reichen, die sich für 5000 CHF eine 3 Zimmerwohnung in der City leisten können). Schade, die Stadt Zürich wäre doch prädestiniert, um darin zu wohnen und nicht nur um darin zu arbeiten.
Bezüglich der Kultur hab ich schonmal auf den leider geringen Stellenwert der alternativen Kultur in Zürich hingewiesen. Ein weiterer Kommentar erübrigt sich, Wohlgrot lässt grüssen.
Shanty Town ist übrigens eine zeitlich begrenzte Aktion. Zu sehen voraussichtlich bis zum 1. August. Ein Tagesausflug nach Zürich wär also wieder mal angesagt 🙂
Imagewerber Elmar Lebenverderber (Eine Anspielung auf unseren Stadtpräsidenten Elmar Ledergerber)
dem kann ich mich so nicht anschliessen. (nascha, du darfst jetzt nicht weiterlesen, es kommt jetzt wieder so ein oekonomengefasel ueber freien markt und so… 😀 ). eine wohnung in der innenstadt zu haben, ist zum glueck noch kein freiheitsrecht. bessere lage heisst, hoeherer preis, da hoehere nachfrage aber beschraenktes angebot. wer sich das nicht leisten kann soll in die aglomeration ziehen. tja, so ist das mit dem freien markt. natuerlich, wenn der herr ledergerber im staedtischen zonenplan eine umzonung nach der anderen vornimmt, ist das wieder eine andere frage. da erlaube ich mir eine kleine zwischenfrage: was war denn vorher an der stelle eueres neuen nachbarbuerohauses?
da nun aber die anzahl wohungen am rennweg ziemlich beschraenkt ist, muessen die fuer 4000 franken und mehr ueber den tisch. man kriegt sie aber mit viel glueck auch billiger, wenn naemlich der vormieter 18 Jahre in der wohnung gewohnt hat und der vermieter keine uebermaessige mietpreiserhoehung vornehmen kann, auch wenn der marktpreis das doppelte oder so betragen wuerde. auch so eine schweizerische wettbewerbsverzerrende eigenart. wenn man naemlich diese regelung aufgeben wuerde, wuerden wir das wohneigentum foerdern. funktioniert uebrigens ganz gut hier in singapur hier sind nur 30% der wohnungen vermietet, der rest ist im eigentum der bewohner.
so genug, der derben sprueche. und wenns etwas gar derb gewesen sein sollte, so schreiben wir es dem fieber zu. drum gehe ich jetzt ins bett. habe geschlossen.
Kommentar by Le Chefe — 1. August, 2005 @ 1:51 pm
komm, du weisst genau, dass das es nicht nur in der innenstadt so ist, sondern die preise in der ganzen stadt überrissen sind. klar, das angebot bestimmt den preis. aber es vertreten immer alle leute die theorie des freien marktes, bis sie es sich selber nicht mehr leisten können, und dann ist diese theorie ganz schnell vom tisch.
Kommentar by PAX — 1. August, 2005 @ 2:10 pm
aso, ich habe mich mal etwas schlau gemacht (dank der heutigen technik kann man das ja in no time auch von asien aus machen). in wetzikon kriegt man eine 4.5 zimmer wohnung fuer 1500 franken. wenn du das als ueberrissen bezeichnest, dann stimme ich dir zu. ich persoenlich finde das aber nicht ueberrissen. das problem liegt bei unserem mietmarkt, der muesste mal gehoerig revidiert werden…
ich weiss aber nicht, ob du dein blog zum politischen forum verkommen lassen willst, drum halt ich jetzt den rand…
Kommentar by Le Chefe — 2. August, 2005 @ 3:16 am
doch, doch, werden wir ein bisschen politisch. ich habe nicht von whg am rennweg gesprochen. da gehe ich mit dir einig. tatsache ist, dass eine 100m2 whg im unserem nachbarhaus um die 4000.– kostet. ist das marktgerecht? du kennst unsere aussicht und unser quartier. das ist einfach nur dämlich.
zudem kann man das ganze nicht einfach nur aus der ökonomischen perspektive betrachten. es gibt z.b. noch so etwas wie stadtentwicklung. wohin führt denn das, wenn es so weitergeht? die stadt ist voller singles und dinks und die familien wohnen in den suburbs? eine etwas bessere durchmischung der stadtbevölkerung wäre meines erachtens aber erstrebenswert. nur wird das schwierig, wenn bereits in unserem quartier eine whg 4000.– kostet.
und stimmst du mir nun zu oder nicht? werde aus deiner obigen erklärung nicht schlau.
Kommentar by PAX — 2. August, 2005 @ 10:20 am
lass mich es anders ausdruecken:
es graut mir jetzt schon vor der wohnungssuche in zuerich, wenn ich wieder aus asien zurueckkehren werde. einer wohnung nach der anderen nachspringend, vor den vermietern auf die knie sinkend auf eine bleibe hoffen. der wohnungsmarkt in zurich ist ausgetrocknet, wie die sahara nach 2-jaehriger trockenphase. preise, sei es fuer aepfel oder fuer mieten, werden durch angebot und nachfrage bestimmt. ist das angebot gering und nachfrage hoch, sind die preise dementsprechend hoch. und das haben wir im moment in zuerich. der grund, dass vielfach wohnhaueser abgerissen werden und neue gebauede mit teuereren wohnungen (oder bueros) aufgezogen werden ist unsere mietgesetzgebung, die es dem vermieter verbieten die mieten stark zu erhoehen, obwohl dies das marktumfeld rechtfertigen wuerde. was macht da der kalkulierende eigentuemer? er reisst das gebauede ab, zieht ein neues auf, verlangt viel hoehere mieten, die auch bezahlt werden von singles und dinks (du bist uebrigens immer noch einer von denen) und kann es sich immer noch leisten, dass die bueros monatelang leerstehen, da, wenn er sie dann fuellt fuer ein paar monate, im nu wieder break-even ist. haette er die miete vor abbruch einfach um 20% erhoehen koennen wuerde der altbau noch stehen und die familien wuerden vielleicht immer noch darin wohnen.
summa sumarum haben wir 2 kernprobleme: zuwenig wohnraum und eine m.e. schlecht markt-feindliche und schlussendlich marktverzerrende mietgesetzgebung. und wenn du willst noch ein drittes: hinz und kunz will ums verrecken in der stadt wohnen (ist ja aber auch der welt beste stadt, zumindest im sommer). also loesung des problems: a) man macht die stadt unattraktiv (find ich nicht so praktikabel) so dass singles und dinks nach bern ziehen was dann dazu fuehren wuerde, dass in bern tiefer steuern als in bern bezahlt werden muessen (ja, ja dinks und singles haben auch etwas gutes an sich), b) aendert die mietgesetzgebung hin zu einer marktmiete (ich will hier mitnichten behaupten, dass eine marktmiete in allem besser ist als das jetzige system, erster bringt massiv hoehere mietpreisschwankungen mit sich und nimmt der bevoelkerung mehr oder weniger den mieterschutz), was politisch derzeit nicht durchsetzbar erscheint oder c) und das ist wohl das praktikabelste es werden massive mehr wohnungen geschaffen. aber eben leider ist das platzangebot in der innenstadt nun mal beschraenkt und wir wollen ja auch keine skyscrapers in zuerich. zudem braucht der ganze bauprozess inkl. bewilligungsverfahren usw. zeit, weshalb der neubau der nachfrage immer hinterherhinkt. in den naechsten jahren ist also nicht mit einer grossen veraenderung zu rechnen, shanty town hin oder ledergerber her. fuer familien unterer einkommensklassen bleibt deshalb nur die 4.5 zimmer-wohnung in wetzikon uebrig, dafuer gibt’s da auch das guldisloo fuer die kinder…
Kommentar by Le Chefe — 2. August, 2005 @ 2:40 pm