11. September, 2005

die usa entwickeln sich…

Category: [daily business],[politik] — Admin @ 7:53 pm

… aber rückwärts. Wollte mich eigentlich heute über eine Zeitungsartikel aufregen, bzw. über das, was darin stand. Ich machs aber nicht, es lohnt sich nicht. Berichten möchte ich trotzdem kurz.

 

Das Pentagon hat sich überlegt, dass man in Zukunft vermehrt Präventivschläge atomarer Natur gegen ‚Schurkenstaaten‘ führen könnte. Hallo? Hatten wir dieses Thema nicht abgehakt? Nun gut, ich meine, es ist ja nicht so, dass die USA vor 2 Wochen durch eine Naturkatastrophe ‚zig Tausend Leute verloren hätten. Weil sonst wäre es ja ein Bisschen respektlos gegenüber all den Toten, die zukünftige Bedrohung der Bevölkerung der USA vor allem in ‚Schurken‘ zu sehen. Aber so macht das natürlich durchaus Sinn. Das weckt gerade den Dichter in mir:

 

Ein Bömbchen ab und an,
hilft gegen Grössenwahn.
Die Schurken die wirds lehren
sich nicht gegen uns zu wehren.
Denn ohne Zweifel wissens alle,
’s gilt folgendes in jedem Falle:
wer uns  zu nah kommt, der wirds spüren
uns hält nichts auf, auch keine Türen,
wir sind schon da, klopfen nicht an
genau wie in Afghanistan.
Und sind wir drin geh’n wir nicht mehr,
es sei denn aus ’nem Flammenmeer.
Also Schurken gebt fein acht,
wir hab’n euch etwas mitgebracht:
Gott, GI’s, und auch Uran
sind eure Herren von jetzt an.

Und wenn wir schon bei Schurken sind. In Amerika ist wieder ein Militärschurke zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden, weil er im Irak Gefangene misshandelt hat. In Guantanamo auf Kuba werden die muslimischen Häftlinge mittlerweile zwangsernährt, weil sie sonst auf Grund ihres Hungerstreikes versterben würden. Hmmm, den Willen einer Person, nicht zu essen, nicht zu respektieren, Gefangene über JAHRE festzuhalten ohne eine Anklage bereit zu stellen, das Ganze nicht in den USA, weil dort ja vielleicht die internationale Menschenrechtskonvention gelten würde, den Gefangenen nicht erlauben zu telephonieren, geschweige denn einen Anwalt hinzu zu ziehen,… 

Wie lange dauert es denn, bis da mal Anklage erhoben wird? Ich warte schon seit geraumer Zeit… 

4. September, 2005

plündern in new orleans II

Category: [daily business],[politik] — Admin @ 2:20 pm
Die Kontroverse um die beiden auf Yahoo veröffentlichten Bilder geht weiter. Kanye West, Rapper aus den USA hielt sich an einem Spendenmarathon nicht an das vorgegebene Skript und liess sich genau über diese beiden Photos aus.
 
 
NBC beeilte sich im Nachhinein sofort zu betonen, dass das nicht der generellen Meinung von NBC entspräche.
 
‚Tonight’s telecast was a live television event wrought with emotion. Kanye West departed from the scripted comments that were prepared for him and his opinions in no way represent the views of the networks. It would be most unfortunate if the efforts of the artists who participated tonight and the generosity of millions of Americans who are helping those in need are overshadowed by one person’s opinion.‘
 
Zudem wurde er mitten in der Übertragung abgeklemmt, just als er sagte:"George Bush doesn’t care about black people. Please call —". Das ist doch wieder einmal typisch. In diesem Land gilt doch eigentlich die freie Meinungsäusserung. Aber Personen, die auf eklatante Missstände aufmerksam machen, oder die Dinge beim Namen nennen, werden einmal mehr mundtot gemacht. Lächerlich und traurig.
 
Seht das Video hier
3. September, 2005

statistik ist glücksache…

Category: [politik] — Admin @ 10:23 pm
Schlimm genug, dass es in New Orleans Tage dauerte, bis die Hilfe endlich ins Rollen kam. Die Erklärung des Militärs erstaunt jedoch ein Bisschen…
 
…und legt den Schluss nahe, dass hohe Strategen in der US Army von Statistik keine Ahnung haben. So gehört an einer Pressekonferenz. Der Mann mit den paar Sternen auf der Schulter meinte zur Katastrophe und warum man nicht früher eingegriffen habe: "Die Auftretenswahrscheinlichkeit für dieses Ereignis liegt bei 0.5%. Das bedeutet, dass dies nur alle 200 Jahre passiert. Wir haben schlicht nicht damit gerechnet, dass es jetzt passieren könnte."
 
???? Warum???? Weil seit der letzten Überschwemmung noch keine 200 Jahre vergangen sind? Hallo?!? Denkt mal ein Bisschen nach. Bedeutet das wirklich, dass ein solches Ereignis nur alle 200 Jahre eintritt? Und genau alle 200 Jahre? Oder vielleicht 201 Jahre? Und hält sich Gott (wahlweise auch Allah, Manitou, … , in Amerika aber mit grosser Wahrscheinlichkeit Gott) an diese Spielregeln? So wies aussieht nicht oder? Dann würd ich mal anfangen zu beten… Ach das haben sie ja schon… Da kann ich nur noch den Kopf schütteln.
2. September, 2005

plündern in new orleans

Category: [politik] — Admin @ 6:20 pm
Uns alle erreichen die Bilder aus New Orleans. Afro-Amerikaner beim Plündern, Weisse beim Leiden. Die mediale Propaganda hat wieder einmal zugeschlagen.
 
Wundert es jemanden, dass in einem Staat (dem zweitärmsten der USA) in dem 21% der Leute unter der Armutsgrenze leben (zumeist Afro-Amerikaner) irgendwann der Backlash kommt? Mich nicht. Ich versteh diese Leute. ‚ Hey! Think the time is right for a Palace Revolution. But where I live the game to play is Compromise Solution!‘, haben die Rolling Stones in ihrem Lied ‚Street fighting man‘ gesungen. Mich wundert es ehrlich gesagt eher, dass diese Plünderungen oder eine Revolution nicht schon lange stattgefunden haben. Nach wie vor werden im Süden der USA  Afro-Amerikaner gezielt benachteiligt, vom Bildungsangebot ausgeschlossen. Die Gesundheit dieser Bevölkerungsgruppe ist schlechter, die Lebenserwartung kürzer, das Leben gefährlicher als in den ‚weissen‘ Quartieren. Wenn einem keine Möglichkeit geboten wird, in einer Gesellschaft aufzusteigen, ist manchmal Findingeine Revolution das einzige Mittel, um diese Verhältnisse zu klären. Indirekt hat dies eine Senatorin noch bestätigt, indem sie gesagt hat, dass jetzt nicht der geeignete Zeitpunkt für ein solches Verhalten sei. Ok, nicht jetzt, aber eigentlich grundsätzlich wärs schon recht. Stimmt. Als Beispiel für die Macht der Medien und die Absurdität des Ganzen mögen folgende Bilder und ihre Beschreibungen herhalten:
 
Der Originaltext zum linken Bild auf Yahoo lautet: Two residents wade through chest-deep water after finding bread and soda from a local grocery store after Hurricane Katrina came through the area in New Orleans, Louisiana.
 
Looting
Der Text zum Bild rechts, wiederum auf Yahoo lautet: A young man walks through chest deep flood water after looting a grocery store in New Orleans on Tuesday, Aug. 30, 2005.
 
Bezeichnend für das Ganze ist, dass das Bild der beiden Weissen entfernt wurde, wie man sich durch klicken auf die Links vergewissern kann. Im kollektiven Gedächtnis bleibt der Schwarze, der plündert!
 
Was mich weiter staunen lässt ist, dass eine Nation, die innerhalb 2 oder 3er Tage an jedem beliebigen Ort auf dieser Welt einen Krieg anzetteln kann nicht in der Lage ist, in einem Katastrophenfall die eigene Bevölkerung zu versorgen. Die Tatsache, dass die Administration Bush die dringend nötigen Gelder für die Deichrenovationen im Irak ausgegeben hat dürfte nun einem grossen Teil der US-Bevölkerung klar machen, dass sie eine schlechte Wahl getroffen haben. Die obdachlosen Menschen in New Orleans wirds wenig trösten, aber es ist die letzte Amtszeit von Alfred E. Neumann, äh George W. Bush…
 
 
Aufmerksam auf die Bilder bin ich geworden durch Drizzits Weblog
 
 
 
31. August, 2005

abzocke bei der sbb

Category: [daily business],[politik] — Admin @ 8:59 pm
SBB und Kundenfreundlichkeit scheinen unvereinbare Gegensätze zu sein. Was da an Schikanen auf einen zukommen kann, davon berichte ich hier kurz.
 
Meine Partnerin und ich wollten ein Partner-GA lösen. Wir sind nicht verheiratet, wohnen aber in der selben Wohnung. Ich ging also mit allen benötigten (so dachte ich wenigstens) Unterlagen zum Schalter. Nicht unfreundlich wurde ich darauf hingewiesen, dass man seit geraumer Zeit eine Bestätigung über gleichen Wohnsitz und gleiche Wohnung braucht. Früher reichte dazu ein Mietvertrag. Heute nicht mehr. Man könnte ja bereits wieder ausgezogen sein. Hui, da würde aber ein volkswirtschaftlicher Schaden entstehen…
 
Gut, ich arbeite in Zug, wohne aber in Zürich. Die Öffnungszeit des Einwohnermeldeamtes ist wie bei Beamten üblich um 17:00 abgelaufen. Das bedeutet für mich, um 16:00 in Zug den Zug nehmen, damit ich rechtzeitig auf dem Einwohnermeldeamt auftauchen kann. (Fehlende Arbeitszeit 1.5 Stunden). Was bekomme ich auf dem EMA? Einen Zettel, den ich zu Hause gemeinsam mit Partnerin ausfüllen und unterschreiben muss. (Der Zettel ist übrigens extra für die SBB gemacht!) Am nächsten Tag, geht wieder eine Stunde Arbeitszeit flöten, weil ich den ausgefüllten Zettel zum EMA bringen muss, wo er gestempelt wird.
 
Dann darf man wieder zur SBB gehen und erhält dann ein Partner-GA. Wenn man das nun vom ökonomischen Standpunkt aus betrachtet, ein absoluter Blödsinn, wie folgende Rechnung zeigt:
 
gespart durch Partner GA:      1050.– 
 
Arbeitszeit (3 x 170.–):         -510.–
Bearbeitungsgebühren:          – 25.–
 
——————————————–
 
effektiv gespart:                    515.–
 
 
Sehr kundenfreundlich die Bahn. Jahrelang wurde man in den Medien dazu aufgefordert, das Auto zu Hause zu lassen und den öffentlichen Verkehr zu unterstützen. Wozu? Damit man als GA-Kunde der Bahn schikaniert wird? Jeder Halbtax-Abonnent kann sich im Winter zu sehr günstigen Preisen eine Zugfahrt inkl. Tageskarte in einem Skigebiet gönnen. Der GA-Besitzer erhält ein paar lausige Franken Rabatt auf die Tageskarte und zahlt mehr als der Halbtaxler insgesamt… 
 
 
 

familienpolitik…

Category: [politik] — Admin @ 7:55 pm
Schon mal in der Schweiz versucht als Konkubinatspaar ein Kind zu bekommen? Ok, bekommen ist nicht weiter schwer, die Knüppel, die unser Staat einem da aber zwischen die Beine wirft, sprechen nicht für eine sehr familienfreundliche Politik.
 
Gut, wir wussten es bereits vorher, dass unser Land in Sachen Familienpolitik im europäischen Vergleich kaum vorne mitmischt. Aber das Ganze mal aus der Ich-Perspektive zu erleben verleiht der Sache eine völlig neue Dimension. Wo soll ich bloss beginnen… Eigentlich gäbe es da bereits einige interessante Müsterchen über unsere Bundesbahnen zu erzählen, das tu ich aber ein anderes Mal. Also, als Konkubinatspaar muss man bereits im Vorfeld des Kinderkriegens so einiges erledigen. Es muss abgeklärt werden, bei welcher KK man es versichern lassen will, welche Versicherung zuständig ist, etc. Was auch dazu gehört ist eine Vaterschaftsanerkennung des werdenden Vaters. Bei verheirateten Paaren wird automatisch angenommen, dass der Ehegatte auch der Vater des Kindes ist, was ja laut statistischen Erhebungen in einem von 10 Fällen nicht zutrifft, aber dies nur so am Rand. Der Konkubinatsvater muss ins Stadthaus. Zuerst müssen er und seine Partnerin jedoch für 20.– einen Zivilstandsausweis in der Heimatgemeinde besorgen. Den schickt man dann ein und darf dann irgendwann im Stadthaus vortraben. Nein, zuerst wird gewartet, wie sich das für ein anständiges Amt gehört. Dann wird man reingebeten, darf den Wisch unterschreiben (dessen Sinn und Zweck ich in keinem Falle anzweifle) und 85.– in bar bezahlen. Eigentlich haben sich die Kantone mal auf 60.– geeinigt, aber in Zürich ist halt alles etwas teurer, nicht wahr. Wahrscheinlich haben wir noch einen Teddy gesponsert… Ich war zwei Minuten in diesem Zimmer, die Beamtin hat sicher im Vorfeld die beiden Zivilstandsausweise kontrolliert und die Daten in den Computer eingegeben. Ein Knopfdruck (während ich die rechtliche Belehrung durchlas), raus kam das Papier aus dem Drucker, Unterschrift, fertig. 85.– klar!
Weiter gehts mit den Kinderzulagen. Da beide Konkubinatspartner arbeitstätig sind, reicht man den Antrag natürlich bei einem Arbeitgeber ein, oder? Falsch. Das erfahren wir aber erst später. Zuerst füllen wir gehorsam die ganzen Papiere aus, dann gehts ab zur Einwohnerkontrolle, weil die bestätigen müssen, dass beide Konkubinatspartner in der selben Wohnung wohnen (Kostenpunkt 25.– für Informationen aus dem Computer ausdrucken…), dann wieder nach Hause (das alles während der Büroöffnungszeiten versteht sich, mein Lohn ist also futsch…) und einreichen bei der Ausgleichskasse. Yeah, geschafft. Denkste. Dann das Telephon des Personalamtes, das gehe so nicht und das stehe auch gross auf der Seite der Ausgleichskasse. Sagt mir die selbe Mitarbeiterin, die mir dieses Ausgleichskassenformular per Mail geschickt hat (nett) damit ich nicht auf die Seite der Ausgleichskasse muss (woher soll ichs also wissen…). Zuerst müsse der Wohnsitzkanton bezahlen. Da ich ausserkantonal arbeite, meine Partnerin jedoch nicht, müsse man den Antrag zuerst in unserem Wohnkanton stellen. Der bezahle dann die 60% Kindergeld (analog dem Arbeitspensum) und mein Arbeitskanton bezahle dann den Rest. Zurück auf Feld 1….
 
Das ist ja noch lang nicht allles. Von der Auszahlung (not) von Pensionkassengeldern im Todesfall, von der verzweifelten Suche nach einem Krippenplatz,… hab ich noch kein Wort gesagt. Ich frage mich, wieso in der Schweiz die ganze Zeit gejammert wird, dass die Geburtenrate rückläufig ist. Kein Wunder, bei den Hürden. Warum wir nicht heiraten und uns diesen Kram sparen? Weil verheiratete Paare steuertechnisch ja die absoluten Verlierer sind. Dauernd wird schwarz gemalt, dass unsere AHV nie mehr jemand bezahlen wird. Aber Strukturen zu schaffen, damit das Kinder kriegen und aufziehen etwas einfacher von Statten geht kommt ja selten jemandem in den Sinn. Gerade unsere Verhindererpartei wehrt sich ja vehement gegen jedwelche staatliche Unterstützung von familienbegleitenden Angeboten. Ich habe das Gefühl diese Leute möchten, dass der Schweizer Bürger mit 18 auf die Welt kommt, ausgebildet und fähig Steuern zu bezahlen. Alles davor liegt entweder links oder rechts der Scheuklappen, oder aber auch direkt vor dem Brett vor dem Kopf.
26. August, 2005

scheiss post II

Category: [daily business],[politik] — Admin @ 11:32 am
Wie der Tages-Anzeiger heute berichtet, räumt der oberste Pöstler Gygi ein, dass es in der Frage, wie Kosten intern zu verrechnen sind, einen Ermessensspielraum gibt. Mit anderen Worten, die Post kann es machen wie sie will.
 
Der Postregulator hat der Post vorgeworfen, in der Grundversorgung zu wenig Gewinn auszuweisen. So wie ich das sehe, ist das ja nichts aussergeöhnliches, wenn eine Firma den Gewinn steuert. Mittels Rückstellungen oder durch die Bildung stiller Reserven (Ökonomen sollen mich gegebenenfalls korrigieren) kann der Gewinn tatsächlich reguliert, sprich gemindert werden. Wenn das jedoch ein Staatsbetrieb in der Grundversorgung macht, finde ich das ein starkes Stück. Was will die Post uns damit sagen? Dass die Grundversorgung (sprich der Service public, den sie auch nach einer allfälligen Privatisierung gewährleisten muss) nichts abwirft? Dass es durchaus legitim wäre, die Preise für die Porti bereits wieder zu erhöhen? Das sind doch elende Abzocker!
Im gleichen Atemzug fordert Gygi auch noch eine Bankenlizenz. Dann kann man in den wenigen Postfilialen die es noch gibt (die anderen werden ja mittlerweile in Apotheken ausgelagert, sprich das Serviceangebot wird eigentlich konstant abgebaut) neben Briefmarken, Süssigkeiten, Getränken, Handys, Photoapparaten, Velonummern und Büchern auch noch Aktien erwerben?
Tut mir leid, aber das Postpersonal scheint mir heute bereits in gewissen Belangen massiv überfordert, wenn in manchen Fällen nicht sogar inkompetent. Werden wir uns in Zukunft auch noch durch diese Personen (die dann sicher auch nur eine halbtägliche Schulung machen können) in Bankdingen beraten lassen müssen? Werden die uns Fonds und Obligationen empfehlen? Risiken erklären? Versteht mich nicht falsch, ich laste das niemals dem Personal an, sondern der Geschäftsleitung. Das Personal der Post tut mir leid. Alle paar Wochen wieder etwas neues… Da wär auch ich überfordert.
Die Post soll sich endlich auf das konzentrieren was sie früher mal konnte (Spedition von Briefen und Paketen). Und sie soll es endlich wieder kostendeckend und schnell machen, ohne den ganzen Firelfanz den wir uns täglich auf der Post ansehen- und hören müssen. 
 
18. August, 2005

kann ein jude nazi sein?

Category: [politik] — Admin @ 7:43 pm

Manchmal ist für mich die Welt schwer zu verstehen. Was gerade im Gazastreifen vor sich geht löst bei mir ungläubiges Kopfschütteln aus…

Nicht die Tatsache, dass der Streifen geräumt wird finde ich unglaublich (es wurde eher Zeit, meiner Meinung nach), sondern die Tatsache, wie sich die Siedler dagegen wehren. Ich will gar keine Worte darüber verlieren, dass diese Räumungsaktion scheinheilig ist, wenn man bedenkt, dass die Zahl der Siedlungen im Westjordanland erheblich höher ist als im Gazastreifen. Vor ein paar Wochen lief auf ARTE ein Dokumentarfilm über die israelischen Kontrollposten an der Grenze der besetzten Gebiete. Leider kann ich mich nicht mehr daran erinnern wie er hiess. Mir kamen während dieses Films viele Assoziationen in den Sinn. Es war ganz klar eine Herrenrasse zu sehen, die sich über die niederen Palästinenser auslässt. Z.T. offenkundig rassistische Äusserungen israelischer Soldaten liessen mich verstört zurück. Ich würde mich hüten in diesem Zusammenhang das Wort Nazi in den Mund zu nehmen, aber die Methoden und Äusserungen sind für jedes x-beliebige Regime austauschbar. Hätten die Soldaten die Kippa nicht aufgehabt, hätten diese Vorkommnisse auch in Südamerika, Afrika oder in Europa zur Zeit des zweiten Weltkrieges geschehen können.

Nun, über das wollte ich gar nicht berichten. Verstört haben mich in dieser Berichterstattung über die Räumung des Gazastreifens die militanten Siedler. Sie beschimpfen die Soldaten aufs Übelste, machen sie emotional fertig. Nota bene die selben Soldaten, die sie nun jahrzehntelang vor den Palästinensern beschützt haben. Dessen nicht genug, sie nennen die Soldaten Nazis. Das zeugt von einem sehr unverkrampften Geschichtsverständnis. Würde ein nicht-israelischer Mensch eine solche Äusserung wagen, wäre er sofort ein Antisemit. Aber semitische Antisemiten gibts wohl nicht. Ich verstehe nicht was diese Leute machen. Und für mich zeigt das einen sehr egoistischen Standpunkt. Da wird der Holocaust herangezogen um zu vertuschen, dass diese Siedlungen sowieso nie rechtens waren. Diese Soldaten als Nazis zu beschimpfen ist ein Hohn und eine Respektlosigkeit gegenüber dem Holocaust.

Da lob ich mir den folgenden ex-Soldaten, der mir zeigt, dass es in Israel auch besonnene Menschen gibt, die nicht per se annehmen, die Israelis seien etwas Besseres als die Palästinenser:

Tages-Anzeiger vom 17.08.2005


«Das sind keine Patrioten»
Mit der Auflösung der jüdischen Siedlungen im Gazastreifen hat sich eine neue Gruppe von Befehlsverweigerern gebildet. Doch die bisherigen Dienstverweigerer distanzieren sich.

Mit Arik Diamant* sprach Thorsten Schmitz

Warum haben Sie den Armeedienst verweigert?

Als Soldat muss man aus Gewissensgründen den Einsatz in den Palästinensergebieten verweigern, weil man dort jüdische Siedler schützt. Mein Einsatz in den besetzten Gebieten hatte nichts mit der Sicherheit des Staates Israel zu tun, sondern nur der Kolonialisierung der Palästinensergebiete gedient. Zu verweigern, ist ein Ausdruck von Patriotismus, denn in Wahrheit gefährdet die Besatzung Israels Sicherheit.

Sind die Soldaten, die jetzt den Einsatz verweigern, auch Patrioten?

Überhaupt nicht. Das kann man mit unserer Grundhaltung nicht vergleichen. Bei uns hat jeder Zwiesprache mit seinem Gewissen geführt und sich individuell und aus humanitären Gründen gegen einen Dienst in den besetzten Gebieten entschieden. Bei den Rückzugsverweigerern handelt es sich um Soldaten, die blind ihrem Rabbiner folgen, wenn der sagt, der Rückzug sei schlecht. Die sehen in den Siedlern keine undemokratische Bevölkerungsgruppe, die von ihren klimatisierten Wohnzimmern auf Millionen palästinensischer Flüchtlinge blickt.

Was bezweckt Israels Regierungschef Ariel Sharon mit dem Gaza-Rückzug?

Es ist ein genialer Schachzug Sharons, mit dem er sich einen roten Teppich verschafft. Sogar Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac schüttelt Sharon nun die Hand. Am Ende kriegt er noch den Friedensnobelpreis für die Evakuierung der paar Tausend jüdischen Siedler in Gaza.

Wie erklären Sie sich die Begeisterung?

Sharon sagt der Welt, seht her, ich gebe jüdische Siedlungen auf. Dass er gleichzeitig die Siedlungen im Westjordanland ausbaut, wird von der Welt bei ihrer Freude über den Gaza-Abzug übersehen.

Wird mit dem Rückzug der Friedensprozess reaktiviert?

Ich bin mir noch nicht mal sicher, dass der Rückzug aus dem Gazastreifen komplett umgesetzt wird. Es muss nur einer sterben, dann würde der Rückzug erst einmal ausgesetzt. Ich bin überzeugt, dass es nach dem Gaza-Rückzug zu einer dritten Intifada kommen wird. Dann ist das Westjordanland dran. Dort leben nicht 8000 Siedler wie im Gazastreifen, sondern 250 000, und es werden emsig weiter Häuser und Wohnungen gebaut.

* Der Ex-Fallschirmjäger Arik Diamant ist Geschäftsführer des Vereins «Mut zur Verweigerung». Die Vereinigung wurde vor drei Jahren von 50 zum Teil hochrangigen Soldaten gegründet, die den Einsatz im Westjordanland und im Gazastreifen in einem weltweit beachteten öffentlichen Brief als «unmenschlich» kritisiert hatten.

 

 

15. August, 2005

aufrecht stehen…

Category: [daily business],[politik] — Admin @ 8:32 am
Aufrecht stehen heisst Verantwortung tragen. So der Slogan der Anti-Aids Kampagne in der Schweiz. Neu ist dieser Slogan auch in einem anderen Zusammenhang aufgetaucht, in dem er aber auch Sinn macht.
 
Aufrecht...Links ist zuerst das Original der Stop-Aids Kampagne zu sehen. Rechts dann die abgewandelte Form. Es ist schön, wenn der selbe Spruch gleich für zwei sinnvolle Kampagnen taugt.
 
Der Aidshilfe Schweiz gebührt für ihre Werbung aber spezielleaufrecht_neu_small.jpg Erwähnung. Seit 1987 schafft sie es immer wieder, mit witzigen TV-Spots und Plakaten ohne Scham auf die Problematik aufmerksam zu machen. Die TV.Spots wurden vielfach ausgezeichnet, meiner Ansicht nach zurecht. Wer das eine oder andere Plakat verpasst hat, die verschiedenen Flyer gerne für zu Hause an die Wand ausdrucken möchte, kann alle Kampagnen auf der Seite www.lovelive.ch abrufen.
30. Juli, 2005

shanty town

Category: [daily business],[gallerie],[politik] — Admin @ 12:32 pm

Am Ufer der Sihl tut sich politisches. Seit gestern entsteht da eine improvisierte Stadt: Shanty Town. Die Initianten wehren sich gegen die aktuelle Stadtentwicklung und gegen das herausgeputzte Global Zurich (auch Downtown Switzerland genannt)…

Sie setzen damit den Protest gegen das fort, was in den vergangenen Monaten immer wieder Thema war, die Kommerzialisierung des öffentlichen Raums. Zum Beispiel die Bärenaktion. Für nicht-Zürcher: In der Innenstadt werden seit ca. 2 Monaten diverse Bären ausgestellt (also kunstvoll bemalte Kunstbären natürlich). Initiiert von der City-Vereinigung, der die Geschäfte der Innenstadt angehören. Eine alle 5 Jahre wiederkehrende Idee, für die Touristen irgendwas an die Bahnhofstrasse zu stellen, damit die was zu fotografieren haben. Gegen diese kommerziellen und verdummenden Aktionen wehrten sich verschieden Gruppierungen. Des Weiteren wird die Verdrängung der alternativen Kultur angeprangert und mehr Wohnraum gefordert.

Dies zumindest ein Anliegen, welches ich gut nachvollziehen kann. Ich wohne mitten in der Stadt und unser Haus ist umgeben von Bürohäusern. Aber der Bürohäuser nicht genug, neben uns wurde in den letzten 1.5 Jahren ein neues gebaut. Das ist mittlerweile fertig gestellt. Es beinhaltet ein paar Wohnungen (im Hochpreissegment, was ziemlich doof ist, weil die Aussicht gerade mal bis ans benachbarte Bürogebäude reicht), vielen Büros und einen Laden. Bis auf die Wohnungen ist in diesem Haus immer noch nichts vermietet, weil An Büroräumlichkeiten in der Stadt Überfluss herrscht. Was fehlt sind Wohnungen. Aber die werden im Hochpreissegment gebaut, damit Familien garantiert keine Chance haben, sich in der Stadt niederzulassen.

Über kurz oder lang führt das zu einem Aussterben der City. Wohnraum wird vermehrt an den Rand gedrängt (mal abgesehen von den paar Reichen, die sich für 5000 CHF eine 3 Zimmerwohnung in der City leisten können). Schade, die Stadt Zürich wäre doch prädestiniert, um darin zu wohnen und nicht nur um darin zu arbeiten. 

Bezüglich der Kultur hab ich schonmal auf den leider geringen Stellenwert der alternativen Kultur in Zürich hingewiesen. Ein weiterer Kommentar erübrigt sich, Wohlgrot lässt grüssen. 

 

Shanty Town ist übrigens eine zeitlich begrenzte Aktion. Zu sehen voraussichtlich bis zum 1. August. Ein Tagesausflug nach Zürich wär also wieder mal angesagt 🙂 

 

 

Shanty Town 

 Shanty Town

 Shanty Town

 

 Shanty Town

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 Shanty Town

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Imagewerber Elmar Lebenverderber (Eine Anspielung auf unseren Stadtpräsidenten Elmar Ledergerber) emoticon